Mit dem Communicator 9000, spöttisch auch „Knochen“ genannt, begann für Nokia Ende der 90er die Ära der Smartphones. Das neueste Modell, integriert in die Business-Serie, ist das E90, der ein passendes Erbe für den großen Namen sein soll.
Daher packt Nokia alles in das Gerät, was die Technologie derzeit vorzuweisen hat. Neben WLAN nach 802.11 b/g sind auch GPS-Empfänger sowie HSDPA-Modem integriert. Wie immer lässt sich der neue Communicator aufklappen, das innere Display besitzt eine Auflösung von 800 x 352 Pixel. Dazu kommt eine vollwertige QWERTZ-Tastatur sowie eine 3,2-Megapixel-Kamera.
Erster Eindruck
Das E90 hinterlässt einen massiven Eindruck. Das Gehäuse wirkt edel, die Metalloptik trägt einen großen Teil dazu bei. Von den Abmessungen her ist das Gerät mit 132 x 57 x 20 Millimetern riesig. Die vielen Features machen sich auch im Gewicht bemerkbar. Das E90 bringt stolze 213 Gramm auf die Waage. Damit wiegt er zwar immer noch weniger als sein Vorgänger, das Nokia 9500, für die Hemdtasche disqualifiziert sich das E90 dennoch.
Positiv fallen die gute Verarbeitung und das hochwertige Gehäuse auf. Die beiden Hälften des Telefons werden von massiven seitlichen Scharnieren gehalten, in denen auch alle notwendigen Kabel verlaufen. Die Tasten sind solide und leicht erhaben angeordnet. Gut ist auch, dass der Wechsel-Slot für die MicroSD-Karte direkt von außen zugänglich ist.
Nokia setzt beim E90 auch endlich auf allgemeine Standards. Für den Anschluss des Datenkabels verbaut der finnische Konzern endlich eine USB-Schnittstelle. Kopfhörer und Headsets finden an der 2,5-Zoll-Buchse daneben Platz.
In der Praxis
Die beiden Displays des E90 arbeiten ausgezeichnet zusammen. Solange das Gerät zugeklappt ist, erhält man alle Daten auf dem Außendisplay. Das Lesen von Nachrichten ist problemlos möglich. Klappt man das Smartphone auf, wird die gerade aktuelle Anwendung auf das große Display gelegt. So kann man beispielsweise eine E-Mail auf dem äußeren Display lesen und nach dem Aufklappen nahtlos beantworten. Beide Displays haben einen guten Kontrast, die Inhalte sind in beiden klar lesbar.
Klappt man das Gerät zu, springt der Bildschirm zurück auf das Startmenü. Anwendungen speichern den aktuellen Status, sobald man sie wieder aufruft, kann man an der gleichen Stelle weiterarbeiten. Aktive Anwendungen erkennt man an einem kleinen Kreissymbol neben dem eigentlichen Icon.
Im Vergleich mit den Vorgängern arbeitet das E90 deutlich schneller. Lediglich das Umschalten zwischen den beiden Displays dauert ein wenig. Die Kamerafunktion ist für ein mobiles Gerät in Ordnung. Teilweise kämpft es aber mit einer deutlichen Auslöseverzögerung. Zudem hätten wir uns zusätzliche Software gewünscht. So ist zwar bereits eine Software installiert, mit der sich bestimmte Barcodes auslesen lassen, allerdings wäre ein Visitenkartenscanner deutlich praktischer.
Synchronisation, Push-Funktionen und PIM
Wie auch beim Nokia E65 kommt für die Synchronisation der Daten die Nokia-Suite zum Einsatz. Bis auf E-Mails synchronisiert die Software die Informationen aus beinahe jeder bekannten Groupware. Zudem überspielt die Suite auf Wunsch die Lesezeichen der verschiedenen Browser direkt auf das Smartphone. Zusätzlich landen alle lokalen Kontakte sowie die nächsten Termine auf dem Smartphone.
In der PC-Suite ist zudem bereits die notwenige Software enthalten, um das E90 als HSDPA-Modem zu verwenden, etwa an einem Notebook. Im Test funktionierte die Option einwandfrei, sobald wir den zuständigen Provider aus einer Liste gewählt hatten. Nach einem Klick auf das Icon übernahm die Software die restlichen Einstellungen und verband uns mit dem Internet.
Beim Thema Push-Mail gibt sich das Gerät offen. Da alle Geräte der E-Serie Symbian Series 60 3rd Edition als Betriebssystem verwenden, ist auch die jeweilige Software dazu kompatibel, sprich, neben dem Nokia-eigenen Dienst Intellisync kann das E90 auch für Push-Mail mittels BlackBerry oder Exchange ausgerüstet werden. Zudem ist der Zugriff über POP3 oder IMAP möglich.
Office, Multimedia und Web
Wer unterwegs viel mit Tabellen oder größeren Präsentationen arbeitet, profitiert deutlich von dem großen Bildschirm. Der Import aus dem Excel-2003-Format klappt einwandfrei, Formeln werden ebenfalls übernommen. PDF-Dokumente öffnet die LE-Version des Acrobat Readers. Dieser erkennt die gleichen Formate wie auch sein großer Bruder auf dem Desktop, benötigt allerdings ebenfalls so lange zum Starten.
Im Test ließen sich sämtliche Microsoft-Office-Produkte bis Version 2003 anstandslos öffnen. Wer allerdings Office 2007 einsetzt, erhält keinen Einblick in seine Dokumente.
Das E90 spielt eine ganze Reihe an Multimediadateien im eigenen Player ab. Das jeweils aktuell gespielte Lied lässt sich zudem direkt als Klingelton zuweisen. An Videoformaten unterstützt Nokia 3GPP, H.263, H.264 und MPG4.
Der Internet-Browser kann ebenfalls voll überzeugen. Auf dem großen Bildschirm lassen sich beinahe alle Seiten in voller Auflösung sehen. Problematisch ist nur die Unterstützung für das Flash-Format; hier wird lediglich eine abgespeckte Version unterstützt.
Navigation und GPS
Die Navigation dagegen enttäuscht. Wie auch beim Test des BlackBerry 8800 benötigt das interne GPS des Nokia E90 teilweise extrem lange zur Postitionsbestimmung. Die beiliegende Software nutzt aber wie auch der BlackBerry Curve 8310 das Mobilfunknetz zur allgemeinen Positionsbestimmung. Eine Integration von Google Maps (wie etwa beim Curve) fehlt.
Die kompletten Navigations-Features werden zudem erst freigeschaltet, wenn Sie die Pro-Version der Software kaufen. Im Test fiel uns vor allem die lange Berechnungszeit auf. Als Ersatz für eine dedizierte Lösung taugt das E90 unserer Meinung nach noch nicht.
Lauf- und Ladezeit
Die vielen Features sowie der große Zweitbildschirm zehren an den Energiereserven des E90. In unserem Dauertest hielt das Gerät dennoch 472,5 Minuten aus, also knapp acht Stunden. Für den Test haben wir die Beleuchtung auf „voll“ gestellt, zudem war der innere Bildschirm ständig aktiv.
Das Ladegerät des E90 arbeitet effektiv. In unserem Test war der 1500-mAh-Akku bereits nach 119 Minuten wieder geladen. Dennoch reicht das nicht, um unseren Laufzeitkönig, den BlackBerry Curve 8300, vom Thron zu stoßen.
Tabelle: Der Nokia E90 Communicator im Überblick
Prozessor |
keine Angaben |
Speicher |
128 MByte intern |
Erweiterungsslot |
MicroSD, maximal vier GByte |
Display |
240 x 320 Bildpunkte außen |
Größe |
132 x 57 x 20 mm |
Gewicht |
213 Gramm inklusive Akku |
Akku |
1500 mAh |
Mobilfunk |
GPRS/GSM/EDGE/UMTS/HSDPA |
WLAN / GPS |
ja / ja |
Bluetooth |
ja, 2.0 Profile u.a.: Headset, Freisprechen, serieller Anschluss |
Schnittstelle |
Mini-USB |
Synchronisation |
Nokia-PC-Suite |
Betriebssystem |
Series 60 3rd Edition |
Hersteller |
|
Preis (voraussichtlich) mit Vertrag |
Vodafone: ab 399,90 Euro |
Ohne Vertrag |
879 Euro (Nokia UVP) |
Vertrieb |
Fazit: Ein würdiges Erbe
Das E90 tritt ein großes Erbe an, sowohl vom Formfaktor als auch von den Erwartungen her. Und es bietet alles, um die Nachfolge anzutreten. Ja, Kritiker werden das Gerät wieder einen „Klotz“ nennen und ja, es gibt deutlich leichtere Smartphones. Aber das E90 überzeugt einfach mit einer sehr guten Tastatur und dem größten Bildschirm, den ein aktuelles Smartphone besitzt.
Zudem hat Nokia sämtliche aktuellen Features verbaut, etwa WLAN, HSDPA oder eine 3,2 Megapixel-Kamera. Die GPS-Funktion ist dazu zwar eine nette Dreingabe, im Alltagseinsatz ist sie aber zu langsam.
Unser Fazit ist, dass Sie für die große Summe, die Sie für das E90 hinlegen, eine gutes Gerät erhalten, das über alle aktuellen Technologien verfügt. Vor allem, wenn Sie unterwegs Tabellen, Texte oder Präsentationen bearbeiten wollen, werden Sie den zweiten Bildschirm zu schätzen wissen.
Wer dagegen hauptsächlich E-Mails liest und auf eine Volltastatur verzichten kann, der sollte einen Blick auf das E65 werfen, das ebenfalls über UMTS und WLAN verfügt. (mja)