Ratgeber
Frauen in der IT - Zurückhaltung hilft nicht weiter
Wenn heute IT-Firmen Personalagenturen beauftragen, geeignete Bewerber zu finden, dann wünschen sich viele Auftraggeber auch Frauen auf der Kandidatenliste. Altruistische Ambitionen treiben die Firmen keineswegs, sondern wirtschaftliche Interessen. Arbeitgeber versprechen sich mehr Effizienz ihrer Fachkräfteteams, höhere Kundenzufriedenheit und ein besseres Betriebsklima. Aber auch aus Imagegründen und um das eigene Ansehen in der öffentlichen Quotendiskussion zu steigern, wollen sie mehr Frauen einstellen.
Immerhin löste die freiwillige Frauenquote der Deutschen Telekom ziemlich viel Wirbel aus und sorgte für Bewegung im Markt. Es wurde diskutiert, lamentiert und vereinzelt auch gehandelt. "Die Diskussionen und politischen Debatten zur Frauenquote haben viele Manager für das Thema sensibilisiert", beobachtet Ralica Yancheva von Conargus in München. Die Beraterin sucht für IT-Unternehmen Mitarbeiter für Fach- und Führungspositionen und weiß um die Probleme: "Es gibt oftmals nicht genügend qualifizierte Frauen, egal für welche IT-Position wir suchen."
Wie HP den Frauenanteil steigert
Mancher Konzern geht deshalb dazu über, in den eigenen Reihen nach talentierten Frauen Ausschau zu halten und diese zu fördern. Hewlett Packard leistet sich seit September 2011 eine Diversity Managerin. "Wir haben klare Ziele und wollen, dass jeder Geschäftsbereich seine Verantwortung wahrnimmt", erklärt Eva Faenger. In Deutschland beschäftigt HP rund 10.000 Mitarbeiter, 30 Prozent der Belegschaft sind Frauen. Je nach Geschäftsbereich variiert der Anteil an weiblichen Führungskräften zwischen zehn und 30 Prozent, Ziel sind durchschnittlich 25 Prozent. "Besonders im technisch geprägten Umfeld wie Service und Outsourcing gibt es besonderen Handlungsbedarf", stellt Faenger fest.
Gerade in den aus ihrer Sicht typisch weiblichen Eigenschaften wie Zurückhaltung, Geduld und eine gewisse Leidensfähigkeit sieht die Managerin ein Handicap auf dem Weg nach oben: "Vielen Frauen fällt es schwer, Dinge einzufordern." Auch Hierarchiedenken spiele für viele eine untergeordnete Rolle. "Männer haben klare Karriereziele und machen das auch deutlich", weiß Faenger.
- Noch bilden sie eine Minderheit: Frauen in der IT haben in den meisten Firmen Exotenstatus, erst recht im Management.
- Rebecca de Souza, Diversity Managerin bei General Electric (GE)
"Zu wenige Frauen in Führungspositionen sind überall in Europa ein Problem, doch besonders in Italien und Deutschland." - Ralica Yancheva, Beraterin bei Conargus:
"Die Diskussionen und politischen Debatten zur Frauenquote haben viele Manager für das Thema sensibilisiert." - Inge Hanschke, Geschäftsführerin bei Iteratec:
"Frauen müssen wissen, was sie wollen und gelassen auf das Platzhirschgebaren reagieren." - Patricia Rezic, verantwortlich für Controlling und Personal bei Projektron
"Das Durchschnittsalter unserer Mitarbeiter liegt bei 32 Jahren; viele haben Kinder." - Eva Faenger, Diversity-Managerin bei Hewlett-Packard:
"Besonders im Service und im Outsourcing-Geschäft gibt es Handlungsbedarf." - Claudia Kedor: Leiterin Marketing bei Projektron:
"Wir sprechen schon vor der Geburt des Kindes mit den Kollegen, wie sie sich den Wiedereinstieg vorstellen." - Edeltraud Leibrock, Vorstand IT bei der KfW Bank:
"Frauen tendieren öfters als Männer dazu, ihre Fähigkeiten kritisch zu bewerten." - Brigitte Hirl-Höfer, Personalchefin bei Microsoft:
"Es reicht nicht, wenn in einem Führungsgremium nur eine Frau sitzt." - Katrin Jenkins, Abteilungsleiterin Systemdesign und Customizing bei DB-Systel:
"Junge Mütter sind besonders engagiert, weil sie sich nichts nachsagen lassen wollen." - Claudia Payer, Projektleiterin Commerz Finanz:
"In über 20 Jahren habe ich mir fundiertes IT-Know-how angeeignet, das heute eine solide Grundlage bildet, um Projekte zu leiten."
Seit sieben Jahren engagiert sich HP mit einem unternehmensübergreifenden Mentorenprogramm speziell für Frauen, inzwischen gibt es ein weiteres, firmenübergreifendes Netzwerk in der Region Stuttgart. Doch Förderprogramme alleine reichen nicht aus, das ist auch der Diversity-Managerin klar. "Wir haben viele weibliche Talente in der Firma, die wir noch nicht kennen. Deshalb haben wir eine bereichsübergreifende Datenbank aufgebaut", berichtet Faenger. Zeigt das in der Datenbank hinterlegte Profil und die bisherige Berufserfahrung die Zutaten für eine Management-Karriere, möchte HP mit diesen Frauen ins Gespräch kommen: "Wir wollen diese Talente an die Hand nehmen und mit Coachings und Trainings unterstützen, ihre Karriere gezielt anzugehen." Allerdings werde niemand zu seinem Glück gezwungen.
Im 13-köpfigen Topmanagement-Team von Microsoft Deutschland sind schon heute sechs Frauen vertreten, Personalchefin Brigitte Hirl-Höfer gehört ebenfalls der Geschäftsleitung an. "Es ist uns wichtig, Führungspositionen auch mit Frauen zu besetzen", lautet ihr Credo und ergänzt: "Um in einem Führungsgremium Einfluss zu nehmen, reicht es nicht, wenn dort nur eine Frau sitzt." Ihrer Erfahrung nach sollten es mindestens drei sein. Doch auf das Thema Frauenförderung möchte sich Hirl-Höfer keineswegs festlegen. Die HR-Direktorin setzt auf Vielfalt und Chancengleichheit für Männer und Frauen gleichermaßen: "Wir bieten allen an, Beruf und Familie zu vereinbaren." Hier sieht die Managerin auch die Geschäftsleitung in einer Vorbildfunktion: "Wir sind nur glaubwürdig, wenn wir dieses Modell selbst vorleben."
Quelle Teaserbild: Diana Kosaric/Fotolia.de