Rechtliche Aspekte
Industrie 4.0 - Wer haftet beim Internet der Dinge?
Schlagworte wie "Industrie 4.0", "M2M Communication" (Machine to Machine) und das "Internet der Dinge" beziehungsweise "Internet of Things" (IoT) beschreiben den epochalen Wandel, der sich derzeit in Industrie und Fertigungsprozessen vollzieht. Informationstechnologien treiben die Entwicklung verbesserter und neuer Wertschöpfungsprozesse voran.
- Industrie 4.0 - auch eine Frage des Rechts
Wenn Maschinen die Fäden in die Hand nehmen und Entscheidungen für Menschen treffen, stellt sich automatisch die Frage nach dem juristischen Hintergrund. Hier ist noch vieles offen. Folgende Aspekte sollten Sie im Blick behalten. - 1. Wer handelt im Internet der Dinge?
In unserer Rechtsordnung, ob im Zivilrecht, öffentlichen Recht oder Strafrecht, sind Handelnde und Zuordnungsträger von Rechten und Pflichten immer Menschen oder juristische Personen. Daran ändern auch M2M und IoT grundsätzlich nichts. - 2. Vertragsabschluss durch Softwareagenten?
Was ist, wenn die Initiative zum Abschluss einer Online-Transaktion vollautomatisiert abläuft, also eine Maschine selbst den Bestellvorgang als Nutzer auslöst? Hier stellt sich die Frage, wie sich die Verantwortung für den konkreten Rechtsakt (die automatisierte Willenserklärung und der beidseitig rein elektronische, voll automatisierte Vertragsabschluss) zuordnen lässt. Er beruht ja ausschließlich auf einem zeitlich weit vorausgelagerten, abstrakten Programmiervorgang, einem Rechtssubjekt. - 3. Unternehmensübergreifende M2M-Systeme brauchen Regeln
Werden komplexe M2M-Systeme unternehmensübergreifend aufgesetzt, kommt es nicht nur auf die technische Standardisierung, sondern auch auf die vereinbarten Nutzungsregeln an. Wie dürfen die Teilnehmer mit den Nutzungsergebnissen umgehen, und wie verhält es sich mit regulatorischer Compliance und Rechten Dritter, die der M2M-Nutzung entgegenstehen könnten (etwa Datenschutz, branchenspezifische Regulierung, Verletzung von Softwarepatenten oder sonstiger Rechte Dritter)? - 4. Offene Fragen zu Logistik, Mobilität und Smart Home
Weitgehend ungeklärte Fragen lassen sich an M2M- und IoT-Beispielen zeigen:<br>Doch wem gehören die Daten?<br>Wie steht es um die Produkthaftung - wer ist Hersteller, und welche Regressketten bauen sich auf? <br>Wer haftet für Konnektivitätsausfälle? - 5. Wer haftet in vernetzten Wertschöpfungsketten?
Wenn M2M der Schlüssel für vernetzte Wertschöpfungsprozesse ist, rückt automatisch auch die Frage der Haftung für mögliche Fehler und Ausfälle in den Vordergrund. Man wird zwischen der Haftung für fehlerhafte Datenquellen und Datenerzeugung einerseits und Fehlern in der Datenübermittlung andererseits unterscheiden müssen. - 6. Unternehmen müssen Datenschutz im Blick behalten
Der Datenschutz ist über den weiten Begriff personenbezogener Daten, zu denen auch dynamische IP-Adressen gehören können, und die Möglichkeiten komplexer Datenauslese (Big Data) etwa in den Bereichen Mobilität, Energie und Smart Homes grundsätzlich immer im Blick zu halten. Es gilt sorgfältig zu prüfen und gegebenenfalls mit den Behörden abzustimmen, ob und wie er sich mit "informierter Einwilligung", Inter-essenabwägung und Auftragsdatenverarbeitung wahren lässt.
Weit mehr als bisher entwickelt sich die intelligente Verknüpfung von heterogenen Datenquellen und Prozesssteuerung zum entscheidenden Erfolgsfaktor der Branchen, in denen deutsche Unternehmen Weltruf genießen - Automobilindustrie, Automatisierungs- und Fertigungstechnik, Logistik, Maschinenbau, Medizintechnik etc. Sensordaten und Cyber- Physical Systems (CPS) gewinnen bislang ungeahnte Bedeutung und forcieren das exponentielle Wachstum von Big Data. Innovative und disruptive Technologien werden in den nächsten Jahren - etwa in den Bereichen Energie, Mobilität, Smart Homes und der Arbeitswelt - wirtschaftliche Realität und Märkte grundlegend verändern.
Mit der Zunahme hochkomplexer, autonom agierender Systeme stellen sich rechtlich neue oder jedenfalls neu zu fassende Fragen. Grundsätzlich wird zu beantworten sein, wer eigentlich handelt und wer für das Handeln untereinander vernetzter Systeme verantwortlich ist - wer also haftet. Die Rechtsprechung wird dazu erst im Lauf der Jahre eine verlässliche Orientierung geben können - auch gesetzgeberische Klarstellungen könnten erforderlich sein. Soweit Personenbezug besteht, kommt noch der Datenschutz hinzu. Zudem nehmen die Her-ausforderungen an die Sicherheit und Verkehrsfähigkeit nicht personenbezogener Daten weiter zu.
1. Wer handelt im Internet der Dinge?
In unserer Rechtsordnung, ob im Zivilrecht, öffentlichen Recht oder Strafrecht, sind Handelnde und Zuordnungsträger von Rechten und Pflichten immer Menschen oder juristische Personen. Daran ändern auch M2M und IoT grundsätzlich nichts. Ebenso selbstverständlich bedient sich der Mensch seit jeher technischer Hilfsmittel zum rechtsgeschäftlichen Handeln. Gesetzgebung und Rechtsprechung haben diesen Technologiewandel nachvollzogen, zum Beispiel wenn Verträge abgeschlossen werden. Was für Angebot und Annahme per Telefon begann, ist auch für Telefax und E-Mail - von "fernmündlich" bis zur "elektronischen Form" (und der wenig geliebten elektronischen Signatur) sowie der "Textform" - ins Regelwerk eingeflossen.