Website-Konzeption Teil 4

Ergonomie- und Usability-Normen für die Website-Erstellung

Wann Sie Usability besser ignorieren

Es gibt einige wenige Aspekte, bei denen die benutzerfreundlichste Lösung nicht die beste ist. Das liegt einfach an dem, was man erreichen möchte. Sie können sich auch einmal gegen die Usability entscheiden, doch Sie sollten das nur bewusst tun, nicht aus Bequemlichkeit oder Unwissen.

Benutzer wollen nicht die beste Lösung

Eine der wichtigsten Grundannahmen der Usability ist nicht immer richtig: Die Lösung mit der höchsten Usability ist die, die den größten Erfolg haben wird. Denn es spielen immer viele andere Faktoren mit. Dabei geht es nicht nur um das bessere Marketing, das coolere Markenimage oder die niedrigeren Preise, die dazu führen können, dass eine weniger benutzerfreundliche Lösung erfolgreicher ist.

Es geht vielmehr darum, dass in manchen Fällen Benutzer eine Anwendung lieben, gerade weil sie schwierig zu bedienen ist. Wer in einer größeren Firma noch mit dem alten Computersystem umgehen kann, hat oft seinen Kollegen etwas voraus. Sie stehen bewundernd daneben, wenn ein langjähriger Mitarbeiter kryptische Kommandos in eine Tastatur hackt, die an einem monochromen Bildschirm angeschlossen ist, und wenn er die ebenso kryptischen Ergebnisse zu deuten weiß. Wird nun ein neues System eingeführt, das jeder bedienen kann, trifft man nicht selten auf Ablehnung seitens solcher Veteranen.

Vergleichbar ist die Vorliebe von Programmierern für die Kommandozeile: Damit lassen sich in der Tat manche Aktionen sehr schnell durchführen, schneller als es mit grafischen Oberflächen möglich ist. Aber nicht zu vernachlässigen ist, dass dieses Können eine Auszeichnung ist und man sich damit von anderen abheben kann. Ist die Hürde zum Erlernen eines Systems hoch, kann das dazu führen, dass derjenige, der diese Hürde genommen hat, an dem System festhält. Dabei spielt das mit, was Psychologen „Kognitive Dissonanz“ nennen. Vereinfacht gesagt denken wir: „Was mich so viel Mühe gekostet hat, muss gut sein!“

Ein letzter wichtiger Punkt: Den Benutzern gefällt mitunter die weniger gut benutzbare Lösung einfach besser. Andrew Swartz von der britischen Firma Serco Usability Services berichtet beispielsweise von einem Projekt, bei dem die Benutzer die unverständlichen Icons deutlich positiver bewerteten als die eindeutigen Text-Schaltflächen – obwohl ihnen klar war, dass sie schwieriger zu bedienen sind.

Es kann dennoch richtig sein, sich für die benutzerfreundlichere Variante zu entscheiden, weil die Benutzer im täglichen Umgang damit effizienter arbeiten. Diese Entscheidung kann aber auch dazu führen, dass die Benutzer das System nicht akzeptieren und ihre Effizienz im Umgang mit diesem daher deutlich geringer ist. Sie müssen in solchen Fällen abwägen, welche Lösung die größeren Vorteile bietet.