I-WAR: Informationstechnik und Krieg

Kriegsschauplatz Cyberspace

Anfang der neunziger Jahre "entdeckten" Pentagon-Vordenker einen neuen potentiellen Kriegsschauplatz. Seine Besonderheit: Auseinandersetzungen können dort unter Umständen ganz ohne den Einsatz herkömmlicher Gewaltmittel ausgetragen werden - nichtsdestotrotz mit durchaus verheerenden Konsequenzen. Im Cyberspace lauert, wie der Untertitel der einflussreichen RAND-Studie "Strategic Information Warfare: A New Face of War" suggeriert, eine neue Erscheinungsform des Krieges. Das bereits 1996 veröffentlichte Papier beschreibt einen fiktiven Konflikt der USA mit dem Iran. "Cyber-Angriffe" spielen darin eine Ausschlag gebende Rolle. Während der fiktiven Krise versuchen Iran-gesteuerte Oppositionsgruppen Saudiarabien, Amerikas Hauptverbündeten am Golf, unter ihre Gewalt zu bekommen. Während die USA bemüht sind, ihrem wichtigsten Öllieferanten militärisch beizustehen, attackieren (Iran-gedungene) Hacker das amerikanische Computernetz. Auf dem Kulminationspunkt der Auseinandersetzung bringen informations-terroristische Manipulationen der Bordcomputersoftware einen Airbus über dem Chicagoer Flughafen zum Absturz.

Um für alle Eventualitäten des Cyberwar gewappnet zu sein, wurde 1993 von der US-Luftwaffe im texanischen San Antonio ein mit über 1000 Mitarbeitern besetztes "Air Force Information Warefare Center" eröffnet. An der National Defence University in Washington erhielten 1995 die ersten speziell in Informationskriegsführung ausgebildeten Soldaten ihre Offizierspatente. Die Absolventen sind insbesondere dafür qualifiziert, Schläge gegen die digitalen Nervenzentren potenzieller Gegner durchzuführen und nach allen Regeln der Hackerkunst dafür zu sorgen, dass der Feind wenn möglich ohne Abgabe eines Schusses die Waffen streckt.

Information Warfare nutzt die Abhängigkeit der Gesellschaft vom Computer. Im "Idealfall" braucht der "Cyber-Feldherr" weder Panzer noch Armee, um seinen Gegner entscheidend zu treffen. Die Operationen zielen auf die Lähmung des Feindes durch die Ausschaltung seiner kritischen Informationsinfrastruktur: Logistik, Verkehr, Kommunikation, Finanzwesen, Gesundheitsversorgung. Da es (immaterielle) Programme sind, mit denen vernetzte Rechnersysteme die genannten lebenswichtigen Funktionen regeln, können "virtuelle Attacken" gegen die Software genauso verheerend sein wie physische Angriffe gegen die Hardware.